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IST BIO DRIN, WO BIO DRAUFSTEHT?
IST FAIRTRADE DRIN, WO FAIRTRADE DRAUFSTEHT?
IST NACHHALTIGKEIT DRIN, WO NACHHALTIGKEIT DRAUFSTEHT?

Die Begriffe Bio, Fairtrade, Nachhaltigkeit, UTZ, Rainforest Alliance usw. haben für den Handel und die Verbraucher des 21. Jahrhunderts eine immer größere Bedeutung. Der Markt hält deshalb eine Reihe von Logos und Gütesiegeln bereit, die dem Verbraucher bei seiner Kaufentscheidung helfen sollen. Logos und Gütesiegel vermitteln dem Verbraucher Sicherheit, doch die damit versehenen Produkte entsprechen oft nicht den idealistischen Erwartungen und Vorstellungen.

Auch staatliche Behörden vergeben nationale und europäische Biosiegel. Grundlage für die Vergabe dieser staatlichen Siegel ist die Einhaltung der europäischen Verordnung für den ökologischen Landbau, deren Einhaltung von akkreditierten Zertifizierungsstellen im Auftrag der Europäischen Union kontrolliert werden.

Sozialzertifizierungen wie z.B. Fairtrade oder Nachhaltigkeitszertifizierungen wie z.B. Rainforest Alliance sind international agierende, rein privatwirtschaftliche Organisationen, die weder staatlich noch unabhängig von Dritten kontrolliert werden.

Für den Verbraucher klingt das EU-Kontrollsystem für den ökologischen Landbau plausibel und glaubwürdig. Ebenso die Verfahren für die privaten Sozial- und Nachhaltigkeitszertifizierungen und die damit verbundenen Gütesiegel.

Wer täglich mit der Praxis und den Auswirkungen insbesondere in den Entwicklungsländern, aber auch in Europa und anderen entwickelten Staaten, zu tun hat, sieht die große Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Die Inhalte der gesetzlichen und privaten Zertifizierungen und deren Einhaltung sind oft mehr Illusion und eine Wunschvorstellung als Realität.

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Die Ursachen für die Mängel in den Zertifizierungsverfahren sind vielfältig, und sie verwässern deren praktische Inhalte.

Fehlende Beratung und damit einhergehend mangelndes Verständnis und Wissen im Umgang mit dem ökologischen Landbau sowie unzureichende EU-Gesetze, Kontrollen und Standards sind der Grund dafür, dass konventionell hergestellte Produkte als zertifizierte Bioprodukte in den europäischen Markt gelangen können.

Auch ein noch so gutes Qualitätsmanagement kann nicht immer garantieren, dass ein Bioprodukt wirklich aus ökologischem Anbau stammt.

Der Inspektionstätigkeit vor Ort in Entwicklungs- und Schwellenländern, die von privaten EU-Drittlandkontrollstellen durchgeführt wird, mangelt es an wirksamer Überwachung durch die Behörden. Die Kontrollstandards sind erfahrungsgemäß oft unzureichend und zu bürokratisch. Auch ist die Erwartung einer hierarchischen Struktur, die einem Auditor in eine erhöhte, wirkungsvolle Position hieven soll, in vielen Ländern des globalen Südens nicht gegeben.

Praktisch bedeutet dies, obwohl Bioprodukte auf ökologischen landwirtschaftlichen Flächen wachsen, wird überwiegend die vorgeschriebene Dokumentation kontrolliert und nicht der Acker oder der praktische Herstellungsprozess.

Dies führt zu schlechter Inspektionsqualität. So kommt es immer wieder vor, dass Biozertifikate für Betriebe ausgestellt werden, die keinen ökologischen Landbau betreiben, sondern diesen nur vorgaukeln, indem sie etwas dokumentieren, was in der Praxis nicht umgesetzt wird.

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Im Marktgeschehen von heute wünscht der Verbraucher preiswerte bis billige Produkte. Noch dazu suggeriert der Handel oft, dass man viel Gutes für nichts bekommt.

Die Exportpreise, welche die Produzenten im Schnitt erzielen können, decken oft nicht die Mehrkosten für Investitionen in den ökologischen Anbau und die soziale Nachhaltigkeit, weil Handel und Verbraucher den Mehraufwand nicht bezahlen wollen.

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Eine konsequente Umstellung auf tatsächlichen, echten und nachhaltigen sozialen ökologischen Landbau ohne Hilfe von außen ist für die Produzenten kaum finanzierbar.

Trotzdem leben Verbraucher in der Vorstellung, dass sie mit dem Kauf von Bioprodukten, die mit Nachhaltigkeitssiegeln wie Fairtrade, UTZ, Rainforest Alliance usw. versehen sind, das Leben beispielsweise der Teebauern in Asien oder Afrika verbessern.

Mit Bioprodukten ist oft die Vorstellung verbunden, sie seien fairer gehandelt als konventionelle Produkte. Daraus könnte man ableiten, dass die Verbraucher verstanden haben, dass Bioproduktion nur durch nachhaltige Produktion und eine faire Unterstützung des Marktes insgesamt überleben kann.

Die EU mit ihrem Bio-Kontrollsystem und die privaten Zertifizierungsgesellschaften stehen gegenüber dem Verbraucher in der Verantwortung. Die Unwägbarkeiten bei der Durchsetzung der nachhaltigen ökosozialen Idee sind jedoch so vielfältig, dass dies nur mit intensiver gemeinschaftlicher Zusammenarbeit in Form von Entwicklungspartnerschaften zwischen den Produzenten vor Ort und verantwortungsbewussten und unterstützenden Handelsunternehmen gelingen kann.

Hierfür ist auch ein höheres Maß an Verantwortungsbewusstsein und Unterstützung im europäischen Handel und beim Verbraucher notwendig, was für die Ehrlichkeit solcher Projekte ausschlaggebend ist.

Es ist wohl noch ein langer Weg bis solche nachhaltigen Zertifizierungssysteme bei Bauern und Produzenten eine reale positive Wirkung haben werden. Verbraucher und Handel müssen sich ehrlicher machen und verstehen, dass es dabei um Menschen und nicht nur um ein erfolgreiches Marketing geht.

Dennoch ist die Existenz solcher Systeme positiv zu bewerten, denn sie leisten einen Beitrag zur nachhaltigen Bewusstseinserweiterung und können zukünftig einen Beitrag zu einer echten nachhaltigen Entwicklung leisten.

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Stand 29.11.2022