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Arbeitsrecht, Sozialgesetze, Arbeitnehmervertretung in China

In diesem Text geht es ausschließlich um die Arbeitsverhältnisse zwischen Unternehmen und deren Beschäftigten mit Dauerverträgen, Teilzeitverträgen oder aber auch um Tagelöhner und Kurzzeitbeschäftigte ohne Arbeitsvertrag.

Es geht hier nicht um selbständige Kleinbauern. Auf deren Situation wird in unserem Text über die Strukturen der chinesischen Tee-Industrie eingegangen.

Neben dem 1995 in Kraft getretenen Arbeitsgesetz und einer Vielzahl von Verordnungen bildet das seit 2008 geltende Arbeitsvertragsgesetz die Basis des chinesischen Arbeitsrechts.

Fairbiotea arbeitet nur mit Teeproduzenten zusammen, für deren Mitarbeiter das chinesische Arbeitsrecht gilt. Selbständige Kleinbauern können keine Fairbiotea-Mitglieder werden. Dies würde nicht den Nachhaltigkeitsgrundsätzen von Fairbiotea entsprechen.

Gesetzliche Regelungen auf einen Blick:

Gesetzlicher Mindestlohn:
je nach Region unterschiedliche Beträge
Provinzen Hunan, Guizhou und Jiangxi
Monatslohn Dauerbeschäftigte: ca. 1550 bis 1610 Yuan = ca. 210 bis 218 Euro
 
Stundenlohn für Kurzzeitbeschäftigte und Tagelöhner ohne Vertrag. Diese Regelung gilt nur für Teilzeitkräfte, die nicht mehr als 4 Stunden pro Tag und höchstens 24 Stunden pro Woche arbeiten:
ca. 15,- bis 17,20 Yuan = ca. 2,03 bis 2,33 Euro
Lohn unbefristete Vollzeitbeschäftigte u. Fachkräfte in Teegärten und Teefabriken, übertariflich:
monatlich ca. 3000 bis 4500 Yuan = ca. 403 bis 610 Euro
Arbeitsstunden pro Woche:
40, im Durchschnitt nicht mehr als 44
Regelarbeitstage pro Woche:
5
Zulässige Überstunden:
1 bis 3 am Tag, max. 36 im Monat, mit gesetzlich geregeltem Lohn bzw. Freizeitausgleich
Gesetzliche Feiertage:
11
Bezahlte Urlaubstage:
5 bis 15 (beginnend nach einem Jahr Beschäftigungsdauer), gilt nicht überall
Sonderzahlungen pro Jahr in Monatslöhnen:
13. bis 14. Monatsgehalt (nicht überall üblich)
Tage mit bezahltem Arbeitsausfall:
je nach Betriebsregelung z.B. 2 Tage pro Quartal
Tage mit Lohnfortzahlung bei Krankheit ohne Bezug auf das Arbeitsverhältnis:
3 bis 24 Monate (80 % des Mindestlohns)
Probezeit:
1 bis 6 Monate (abhängig von Vertragslaufzeit)
Gesetzliche Rentenversicherungsbeiträge:
Arbeitgeber regional unterschiedlich ca. 16 bis 20% der Lohnsumme
Arbeitnehmer ca. 8% der Lohnsumme
Gesetzliche Krankenversicherungsbeiträge:
Arbeitgeber ca. 6,5-10% der Lohnsumme
Arbeitnehmer ca. 1-2% der Lohnsumme, nicht alle Krankheiten werden versichert
Gesetzlicher Unfallversicherungsbeitrag:
Arbeitgeber ca. 0,1-2% der Lohnsumme
Arbeitslosenversicherungsbeitrag:
Arbeitgeber je nach Provinz ca. 0,8 bis 3% der Lohnsumme
Arbeitnehmer 1% der Lohnsumme
Mutterschaftsversicherungsbeitrag:
In manchen Regionen in die Krankenversicherung integriert, ansonsten Arbeitgeber ca. 0,7-1% der Lohnsumme der Belegschaft

Einige Provinzen haben Sonderregelungen eingeführt, wonach Einzelkinder unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 20 Tage im Jahr bezahlten Urlaub nehmen können, um sich um ihre Eltern zu kümmern.

In der Regel erhalten Dauerbeschäftigte und Fachkräfte mit unbefristeten Verträgen Gehälter, die den Mindestlohn um ein Mehrfaches übersteigen. Darüber hinaus sind zusätzliche freiwillige Leistungen der Arbeitgeber üblich, um Mitarbeiter zu finden und an den Betrieb zu binden.

Rechtsgrundlagen des chinesischen Arbeitsrechtes

Das chinesische Arbeitsrecht kennt befristete, unbefristete und projektbezogene Verträge. Dabei erlaubt es grundsätzlich nur zwei aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge mit demselben Mitarbeiter. Scheidet dieser nach Ablauf nicht aus der Firma aus, wird sein Arbeitsverhältnis automatisch als unbefristet angesehen. Möglich ist die Vereinbarung einer Probezeit mit eingeschränktem Kündigungsschutz. Die zulässige Probezeit ist abhängig von der Vertragsdauer.

Die Regelarbeitszeit beträgt 8 Stunden pro Tag und 40 Stunden pro Woche, mindestens ein Ruhetag pro Woche. Überstunden sind nur in einem bestimmten Rahmen zulässig (bis zu drei pro Tag, höchstens 36 im Monat) und zu vergüten (150 Prozent der vertraglichen Vergütungen an Werktagen; 200 Prozent der vertraglichen Vergütungen oder Freizeitausgleich an Ruhetagen; 300 Prozent der vertraglichen Vergütungen an Feiertagen).

Für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern wie leitende Angestellte oder Verkaufspersonal kann ein flexibles Arbeitszeitsystem eingeführt werden. Dies erlaubt über einzelne Zeiträume eine höhere Arbeitsbelastung bei gleichzeitiger Entlastung an anderen Tagen. Das flexible System ist bei der lokalen Arbeitsbehörde anzumelden, deren Genehmigung ist erforderlich

Vertragsabschluss

Bei der Gestaltung der Arbeitsverträge ist das Arbeitsrecht einzuhalten. Es gelten sowohl nationale als auch lokale Regelungen, die nicht immer übereinstimmen. In der Praxis können die lokalen Normen greifen. Grundsätzlich müssen enthalten sein: Name, Adresse und gesetzlicher Vertreter der einstellenden Einheit; Name, Adresse/Ausweisnummer des Mitarbeiters; Vertragsdauer; Gehalt; Aufgaben; Arbeitsort; Regeln zu Arbeitszeit/Ruhetagen; Abwesenheit des Mitarbeiters; Arbeitsbedingungen (einschließlich Sicherheit, Schutzmaßnahmen); Sozialversicherung. Eine Probezeit kann geregelt werden.

Prinzipiell bedürfen Arbeitsverträge der Schriftform. Mündliche Verträge sind nur für kurzfristige Arbeitsverhältnisse in Teilzeit (bis zu vier Stunden pro Tag) zulässig. Wurde innerhalb eines Monats nach Arbeitsbeginn kein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen, hat der Arbeitnehmer ab dem zweiten Monat bis zum Ablauf des ersten Jahres Anspruch auf Zahlung des doppelten Gehalts. Liegt dann immer noch kein schriftlicher Vertrag vor, gilt das Arbeitsverhältnis als unbefristet.

Rechte und Pflichten der Vertragsparteien

Zu den Kernpflichten beider Seiten gehört: Der Arbeitnehmer arbeitet, der Arbeitgeber zahlt den Lohn und entrichtet die gesetzlich vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber für ein sicheres Arbeitsumfeld sorgen. So muss er die Vorschriften des Arbeitsschutzes beachten und darf den Arbeiter keinen unangemessenen Gefahren aussetzen (er hat etwa entsprechende Schulungen durchzuführen, Schutzkleidung bereitzustellen).

Der Arbeitnehmer muss sich an betriebliche Regelungen (festgeschrieben etwa im Arbeitnehmerhandbuch) halten. So muss er den Weisungen folgen, sofern diese zulässig sind, seinen Loyalitätspflichten nachkommen, keine Nebenbeschäftigungen beim Wettbewerber ausführen und gegebenenfalls Geheimhaltungspflichten genügen.

Im Rahmen neuester Entwicklungen zum Thema Cybersecurity und Datenschutz werden Arbeitgeber zunehmend zur Sicherung und Geheimhaltung persönlicher Daten von Mitarbeitern verpflichtet. Es empfiehlt sich, vorsorglich die schriftliche Zustimmung von Mitarbeitern einzuholen, um ihre persönlichen Daten speichern und gegebenenfalls ins Ausland transferieren und dort ebenfalls speichern zu dürfen.

Vertragsbeendigung

Der Arbeitnehmer kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von 30 Tagen – während der Probezeit mit einer Frist von drei Tagen – jederzeit schriftlich kündigen. Das Arbeitsrecht regelt die fristlose Kündigung.

Der Arbeitgeber kann das Arbeitsverhältnis beenden, wenn ein gesetzlicher Kündigungsgrund vorliegt. Die ordentliche Kündigung ist mit einer Frist von 30 Tagen wirksam. Grundsätzlich ist die Gewerkschaft beziehungsweise der zuständige Sekretär zu unterrichten. Deren Zustimmung ist aber nicht erforderlich.

Arbeitgeberseitig sind außerordentliche Kündigungen bei Gesetzesverstößen oder bei groben Verstößen des Arbeitnehmers gegen interne Regelungen der Gesellschaft oder die Gesellschaftsinteressen möglich. Der Arbeitgeber muss die Verfehlung des Arbeitnehmers nachweisen. Bei einer ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber ist eine Abfindung zu zahlen. Dieser Anspruch besteht auch, wenn der Arbeitnehmer nach Ablauf eines befristeten Arbeitsvertrages nicht weiterbeschäftigt werden soll. Die Höhe der Abfindung beträgt ein Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr (maximal zwölf). Für Beschäftigungszeiten nach dem 1. Januar 2008 ist die Abfindung auf das Dreifache des durchschnittlichen Bruttomonatsgehalts am Arbeitsort pro Beschäftigungsjahr gedeckelt.

Im Krankheitsfall besteht Kündigungsschutz. Ordentliche Kündigungen können ausgesprochen werden, wenn die Behandlungsperiode im ersten Beschäftigungsjahr über drei Monate beträgt. Für jedes weitere Jahr kommt ein Monat hinzu (bis zu 24 Monate). Es besteht die Pflicht zur Lohnfortzahlung, welche sich nach dem Gehalt, der Betriebszugehörigkeit, etc. richtet.

Bei einer ordentlichen Kündigung sind die genannten Abfindungen zu zahlen. Die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit kann durch eine staatliche Stelle erfolgen. Ist ein Arbeitsunfall ursächlich, tritt die Arbeitsunfallversicherung ab dem Feststellungszeitpunkt ein.

Für betrieblich bedingte Entlassungen sind örtliche Arbeitsbehörden einzubeziehen. Den Arbeitnehmern ist eine Abfindung zu zahlen.

Das chinesische Arbeitsrecht wird in unterschiedlichen Provinzen etwas unterschiedlich interpretiert oder durch mehr oder weniger Leistungen ergänzt. So ist z.B. der Mindestlohn in den großen, gut entwickelten Wirtschaftsregionen (Großstädte) höher als in den ländlichen Regionen.

Da sich die Teegärten nur in ländlichen Gegenden mit niedrigen Mindestlöhnen befinden, geben wir nur solche Beispieldaten an.

Kinderarbeit

Das chinesische Arbeitsgesetz beinhaltet Gesundheitsschutz und Sicherheitsbedingungen für junge Arbeiter und das Verbot einer Beschäftigung von Kindern. Eine Vorschrift setzt eine Strafe von 500 Yuan (ca. 47 Euro) pro Monat und beschäftigtem Kind sowie den Entzug der Lizenz des Arbeitgebers fest. 14.03.2021

Frauenrechte

China hat das Gesetz zum Schutz der Rechte und Interessen von Frauen überarbeitet. Die Gesetzesänderungen gelten seit 1. Januar 2023 und betreffen auch Arbeitgeberpflichten. Das Gesetz von 1992 umfasst verschiedene Lebensbereiche von Frauen. Nach der überarbeiteten Fassung müssen spezielle Schutzklauseln in den Arbeitsverträgen aufgenommen werden.

Arbeitgebern werden diskriminierende Handlungen im Einstellungsprozess untersagt: Es dürfen nicht vorrangig Männer eingestellt werden, Fragen zum Privatleben und Gesundheit dürfen nicht gestellt werden. Wegen Schwangerschaft, Stillzeit etc. dürfen Arbeitgeber weder Gehalt noch Sozialleistungen kürzen.

Arbeitgeber müssen Maßnahmen gegen sexuelle Belästigung von Frauen ergreifen, Verhaltensregeln erarbeiten und Beschwerdestellen schaffen.

Arbeitgeber müssen weiblichen Beschäftigten regelmäßig Gesundheitschecks z.B. in Bezug auf gynäkologische Erkrankungen anbieten und organisieren.

Rechtsgrundlage des Sozialversicherungsgesetzes:

Seit 2010. Die Abführung von Beiträgen zur Sozialversicherung ist vorgeschrieben. Eine einheitliche nationale Sozialversicherung gibt es allerdings nicht. Regional variieren die Anteile an den Kosten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, entsprechend auch die Höhe der Leistungen.

Rentenversicherungsleistungen

China verfolgt in der Rentenversicherung ein Drei-Säulen-Modell. Die Altersversicherung soll aus einer staatlichen sowie einer betrieblichen Rentenversicherung und einer privaten Zusatzversicherung bestehen.

Frauen mit 55 Jahren, Männer mit 60 Jahren und nach mindestens 15 Versicherungsjahren erhalten 20% des lokalen Durchschnittslohns und den 120ten Teil der angesparten Beiträge pro Monat als staatliche Rente. Weitere Leistungen können durch private Zusatzversicherungen erworben werden. Es gibt regional unterschiedliche Regeln.

Krankenversicherungsleistungen

Im Rahmen der staatlichen Krankenversicherung erhalten Versicherte Dienstleitungen in bestimmten Krankenhäusern, Apotheken und von Ärzten, welche Verträge mit den Krankenversicherungsträgern schließen. Im Krankheitsfall werden Krankenkosten prozentual erstattet. Hierfür werden Listen für anerkannte Krankheiten und Medikamente von staatlicher Seite veröffentlicht.

Unfallversicherungsleistungen

Die Unfallversicherung wird allein von den Unternehmen finanziert. Versicherte Arbeitnehmer erhalten im Versicherungsfall, d. h. bei Berufsunfall, einer Berufskrankheit oder einem Wegeunfall Krankheitskosten erstattet und bei Invalidität eine Rente.

Arbeitslosenversicherungsleistungen

Die Mittel dieser Versicherung werden verwandt für Arbeitslosengelder, Krankenkostenzuschüsse während des Bezuges von Arbeitslosengeld, Bestattungskostenzuschüsse sowie Hinterbliebenenrente im Todesfall des Beziehers von Arbeitslosengeld, für Kosten für Arbeitsvermittlung und Schulungen oder andere Leistungen, die der Staatsrat festlegt.

Zur Reduzierung von Arbeitslosigkeit zählt die Förderung von Selbständigkeit z. B. in Form eines Obststandes oder kleinen Start-ups. Hierfür werden von der chinesischen Regierung Kredite bereitgestellt.

Mutterschaftsversicherungsleistungen

Versicherung wird alleine vom Unternehmen finanziert und beträgt ungefähr 1% der Lohnsumme der Belegschaft, je nach lokalen Bestimmungen: Frauen erhalten bei Mutterschaft und Geburt finanzielle Unterstützung.

Bei Verstößen der Arbeitgeber gegen vertragliche Vereinbarungen mit Arbeitnehmern können nach vorheriger Aufforderung zur Korrektur, drastische Geldstrafen bzw. die Entziehung der Betriebserlaubnis verhängt werden.

Gewerkschaftsbund und Betriebsgewerkschaften:

Der Gesamtchinesische Gewerkschaftsbund (GCGB oder auch All-chinesischer Gewerkschaftsbund ACGB, englisch All-China Federation of Trade Unions/ACFTU) ist die nationale Gewerkschaftsorganisation der Volksrepublik China. Sie ist die größte Gewerkschaft der Welt, mit 134 Millionen Mitgliedern in 1.7 Millionen lokalen Gewerkschaftsorganisationen. Der GCGB ist in 31 regionale Gewerkschaftsorganisationen und 10 nationalen Gewerkschaften unterteilt.

Offiziell wurde die Organisation am 1.Mai 1925 in Guangzhou gegründet. Unter der Herrschaft der Nationalisten (Chiang Kai-Shek) 2027 wurden tausende kommunistische Kader und Gewerkschafter exekutiert und alle kommunistisch geführten Gewerkschaften wurden verboten und durch gelbe Gewerkschaften ersetzt.

Durch den Aufstieg Mao Zedongs im Jahre 1949 wurde der GCGB als einzige Gewerkschaft wieder hergestellt, wurde aber 1966 im Zuge der Kulturrevolution wieder aufgelöst. Nach dem Tod Maos im Jahr 1976 hielt der GCGB im Oktober 1978 seinen ersten Kongress seit dem Jahr 1957. Seit den frühen 1990er Jahren wird er durch das Gewerkschaftsrecht der Volksrepublik China geregelt, welches 1992, 2001 und 2009 überarbeitet wurde.

Die Gewerkschaft muss die Verfassung einhalten und als Aktivitätskriterium in den Mittelpunkt stellen. Sie muss sich beim wirtschaftlichen Aufbau an den sozialistischen Weg halten, an die demokratische Diktatur des Volkes, an die Führung der Kommunistischen Partei Chinas, an den Marxismus-Leninismus, an das Denken Mao Zedongs, die Theorie von Deng Xiaoping und an die Reform- und Öffnungspolitik, sie muss unabhängig gemäß der Gewerkschaftscharta arbeiten.

Das Streikrecht wurde 1982 aus der chinesischen Verfassung gestrichen.

Der Internationale Gewerkschaftsbund hat die Position, dass der GCGB keine unabhängige Gewerkschaftsorganisation ist und nicht als authentische Stimme der chinesischen Arbeitnehmer angesehen werden kann.

In den letzten Jahren nahmen Unterorganisationen des GCGB auf lokaler Ebene aktiv an Arbeitskämpfen teil und versuchten so Streik- und Protestbewegungen zu kanalisieren. Dieses Phänomen ist neu, vereinzelt und landesweit nicht vernetzt. So scheint es fraglich, inwiefern es als zukünftige Gesamtentwicklung des Gewerkschaftsbundes interpretiert werden kann.

Betriebsgewerkschaften/Betriebsrat - Arbeitnehmermitbestimmung

Mit Inkrafttreten des Arbeitsvertragsgesetzes 2008 sind Betriebsräte als Akteure im Arbeitsrecht in den Fokus gerückt. Die Gewerkschaften unterstützen auf Ebene der Unternehmen die Gründung von Betriebsräten, die anders als die Vertreter der Betriebsgewerkschaften von allen Arbeitnehmern gewählt werden.

Durch das Arbeitsvertragsgesetz wurde das Thema Arbeitnehmermitbestimmung mit Leben erfüllt. Demnach unterliegen alle Regelungen, die wichtige Interessen der Arbeitnehmer betreffen, der Mitbestimmung durch den Betriebsrat bzw. die Gesamtheit aller Arbeitnehmer. Der Betriebsrat soll die Möglichkeit haben, Vorschläge und Anmerkungen auf der Basis von Arbeitsvertragsrecht und internen Regelungen (Arbeitnehmerhandbuch) vorzubringen. Diese Arbeitnehmervorschläge müssen bei der Entscheidungsfindung zumindest einbezogen werden.

Die Betriebsgewerkschaft, als ausführendes Organ des Betriebsrates, ist im Rahmen der Entscheidungsfindung zu konsultieren. Dabei handelt die Betriebsgewerkschaft (falls vorhanden) als ausführendes Organ des Betriebsrates, der selbst nicht ständig aktiv ist, sondern lediglich in bestimmten Abständen zusammentritt.

Vor allem vor dem Hintergrund sozialer Stabilität unterstützt die chinesische Regierung die Gewerkschaften in ihrem Bestreben, die gewerkschaftliche Organisation in den Unternehmen eilig auszubauen. Betriebsgewerkschaften sind dann zu gründen, wenn im Unternehmen 25 oder mehr Gewerkschaftsmitglieder arbeiten. Die Einrichtung einer Gewerkschaft auf Unternehmensebene bedarf der Zustimmung der zuständigen Gewerkschaftsorganisation auf regionaler Ebene.

Es ist davon auszugehen, dass in ländlichen Betrieben, z.B. in Teeplantagen, kaum 25 Beschäftigte der Gewerkschaft angehören. In der Regel besteht dort kein Interesse an der Gründung eines Betriebsrates. Die innerbetriebliche Mitbestimmung ist für Beschäftigte auf dem Land noch neu und ungewohnt und die Mitgliedsbeiträge sind unbeliebt.

Hauptaufgabe der Gewerkschaften ist die Bündelung und Vertretung der Interessen der Arbeitnehmer, wobei daneben immer auch die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt beachtet werden soll. Idealerweise soll ein Ausgleich der Interessen geschaffen werden, dass Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen nicht im Widerstreit stehen, sondern ganzheitliche Lösungen angestrebt werden.

International Labor Organisation ILO (Organisation der UN)

China ist seit Juni 1919 Mitglied der ILO.

China hat im Rahmen des EU/China-Investitionsabkommens, im April 2021 die Ratifizierung der Kernarbeitsnormen der ILO zugesagt, allerdings ohne konkrete Frist für die Umsetzung. Das Investitionsabkommen wurde ratifiziert.
Nach langem Zögern hat Chinas Parlament im April 2022 zwei Konventionen der ILO gegen Zwangs- und Pflichtarbeit ratifiziert.

Kernarbeitsnormen und Prinzipien: Die ILO ist die UN-Organisation, die das Ziel verfolgt, in einem durch Freiheit, Gerechtigkeit, Sicherheit und Menschenwürde geprägten Umfeld für Frauen und Männer menschenwürdige und produktive Arbeit zu schaffen. Ihre Hauptziele bestehen darin Rechte von Arbeitnehmern weiterzuentwickeln, menschenwürdige Arbeit zu fördern und Sozialschutz zu verbessern und die Arbeitsbeziehungen zu stärken.

Die ILO ist die einzige Sonderorganisation der Vereinten Nationen, die Vertreter von Regierungen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer an einem Tisch versammelt, um gemeinsam Politik und Programme der Organisation zu gestalten. In Zusammenarbeit mit ihren 181 Mitgliedstaaten bemüht sich die ILO sicherzustellen, dass Arbeitsnormen in Prinzip und Praxis geachtet werden.

Mit der Verabschiedung der Erklärung über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit im Jahr 1998 haben die Mitgliedsstaaten der ILO sich entschieden, eine Reihe von Kernnormen zu respektieren, unabhängig davon, ob sie die einschlägigen Übereinkommen ratifiziert haben oder nicht. Hier handelt es sich um grundlegende Menschenrechte. Und das Herzstück menschenwürdiger Arbeit.

Liste von ILO-Konventionen

Stand 28.4.2023